BGM 04/15 - Psychische Gefährdung am Arbeitsplatz - Teil 1

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20. Juli 2019   |   MEHRWERT   |   Kategorien: Allgemein

In der heutigen Arbeitswelt sind die Mitarbeiter einer Vielzahl von äußeren Einflüssen und Belastungsfaktoren ausgesetzt. Lange schon ist man sich bewusst, dass einige dieser Einflüsse den Körper physisch belasten. Diese sogenannten physischen Belastungen in der Arbeitswelt werden von den Arbeitgebern durch entsprechende Analysen im Bereich Arbeitsschutz, Arbeitsplatzsicherheit oder Arbeitsplatzergonomie erfasst. Ebenfalls regelt das Arbeitsschutzgesetz welche Physischen Belastungen in welchem Umfang für den Arbeitnehmer zulässig oder erträglich sind und welche nicht.

Doch die heutige Arbeitswelt befindet sich in einem steten Wandel. Neue Technologien, zunehmende Arbeitsverdichtung und Flexibilisierung betrieblicher Prozesse rücken Psychische Belastungen in der Arbeitswelt zunehmend in den Fokus. Dies verdeutlicht auch ein Blick auf die Krankheitsberichterstattung der GKVs.

Laut dem wissenschaftlichen Institut der AOK sind die AU-Tage in Folge einer psychischen Erkrankung seit 2003 um 84 % gestiegen – während die Ausfallzeiten bei Erkrankungsarten wie Herz-Kreislauferkrankungen oder Muskel-Skeletterkrankungen stagnieren.

Doch worauf ist dieser rasante Anstieg letztendlich zurückzuführen. Welche Faktoren und Belastungen führen dazu, dass die Bevölkerung, speziell aber Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen so häufig Psychisch erkranken.

Welche Belastungen wirken nun konkret auf die Psyche der Mitarbeiter ein?

Diese Frage möchten wir in diesem Blogbeitrag näher erörtern. Im zweiten Teil des Themas soll anschließend darauf eingegangen werden, inwieweit psychische Belastungen am Arbeitsplatz messbar sind und welche Vorgaben der Gesetzgeber macht um Mitarbeiter vor zu großer Psychischer Belastung zu schützen.

Lärm, Staub oder Zugluft sind eindeutig messbare physische Belastungen – sie wirken direkt auf den Körper des Einzelnen ein und ziehen ebenso eindeutig bestimmbare Gefährdungen für den Einzelnen nach sich. Doch wie lassen sich Psychische Belastungen näher beschreiben und „greifbar machen“. Laut Definition der EN ISO 10075-1:2000 sind Psychische Belastungen „die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken.“

Der Begriff wird zunächst sehr allgemein gehalten, bedeutet es doch, dass aus der psychischen Belastung nicht nur negative Reaktionen und Beanspruchungen seitens der Arbeitsperson entstehen können, sondern auch positive. Die Belastung ist demnach die Gesamtheit aller Einflüsse, die psychisch auf den Arbeitnehmer einwirken – während die Beanspruchung die unmittelbare Reaktion des Arbeitnehmers auf die Einflüsse darstellt. Die Belastung beeinflusst Gefühle, ebenso wie das Verhalten der Arbeitnehmer. Inwieweit jedoch diese Einflüsse den Einzelnen beanspruchen hängt stark von den individuellen Voraussetzungen und Fähigkeiten dieses Einzelnen ab. Die Norm weist zudem darauf hin, dass die psychischen Belastungen auch von physischen Faktoren (wie z.B. Lärm) oder Arbeitsorganisatorischen Faktoren (wie z.B. Zeitdruck) herrühren können.

Psychische Belastung = Einflüsse, die aus der Arbeit entstehen.

Die folgende Tabelle liefert einen kurzen Überblick darüber, welche Faktoren in der Arbeitswelt auf den Mitarbeiter einwirken können.

 

Organisatorische Faktoren

 

Soziale Faktoren Physische Faktoren Psychische Faktoren
Arbeitsschwierigkeit,

Arbeitstempo,

Arbeitsumfang,

Arbeitsplatz-abmessungen,

Gleitzeit,

Leistungsnormen,

Schicht- u. Nacht-arbeit,

Überstunden

Einzelarbeit,

Gruppenarbeit,

soziale Dichte – Über-belegung,

soziale Isolation – Unterbelegung,

Konflikte,

Mobbing

Körperliche Überlastung,

Bewegungsarmmut,

Beleuchtung,

Klima,

Lärm,

Schadstoffe,

technische Einrichtung,

Angst, Misserfolg,

Tadel u. negative Folgen eigenen Verhaltens,

Arbeitsplatz-unsicherheit,

fehlende Anerkennung,

Fremdbestimmtheit,

Informationsmangel,

Betriebsklima

 

 

 

Diese und viele weitere Einflussfaktoren wirken sich alle in irgendeiner Form auf die Psyche der Mitarbeiter aus. Das nachfolgende Schema verdeutlicht, wie der Einzelne diese Faktoren verarbeitet und wie aus den Einflussfaktoren sowohl positive als auch negative Reaktionen und Handlungen resultieren können.

Ein Potentieller Stressor, wie z.B.

  • Unterbrechung, Zeitdruck (Arbeitsorganisation)
  • Monotonie, Überforderung (Arbeitsaufgabe)
  • fehlende Kommunikation (Arbeitsplatz)
  • Computer, Steuerungselemente (Arbeitsmittel, Schnittstelle Mensch-Maschine)
  • Raumklima, Kollegen, Vorgesetzte (Physikalische u. soziale Arbeitsumgebung)
  • Mitarbeiter mit individuellen psychischen und physischen Voraussetzungen, wie z.B.
  • Psychische Voraussetzungen = Fertigkeiten, Erfahrung, Wissen, Fähigkeiten usw.
  • Physische Voraussetzungen = Gesundheitszustand, Alter, Geschlecht usw.Psychischen Beanspruchung = Reaktion auf die Belastung, wie z.B.
  • Unmittelbar und langfristig möglich
  • Abhängig von psychischen und physischen VoraussetzungenAuswirkung unmittelbar:
  • Positiv: Interesse wecken, Antrieb, Motivation (Eu-Stress)
  • Negativ: Stress, schnelle Ermüdung u. sogenannte ermüdungsähnliche Zustände (Distress)
  • Auswirkung langfristig:
  • Positiv: Bestätigung, Vertiefung von Kenntnissen, Erlernen von neuen Fähigkeiten
  • Negativ: Permanente Erschöpfung bis hin zum Burnout, Versagensängste, psychosomatische Beschwerden, FehlzeitenNun stellt sich die Frage – Lassen sich Psychische Fehlbelastungen am Arbeitsplatz messen. Schließlich wirken sich die verschiedenen Belastungen auf jeden Mitarbeiter völlig unterschiedlich aus. Im Vergleich zu den physischen, mit Geräten und physikalischen Testverfahren messbaren Belastungen werden für die Erfassung der psychischen Belastungen in der Praxis vor allem Fragebögen, Einzelgespräche oder Gruppeninterviews sowie objektive Tätigkeitsbeobachtungen herangezogen. Hierfür gibt es eine Flut an vorgefertigten Vorgehensweisen, Interviews und Fragebögen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) hat zur besseren Orientierung ein Toolkit mit 93 anerkannten Verfahren zur Messung der psychischen Belastung herausgegeben. Zudem wurde die explizite Forderung nach einer psychischen Gefährdungsbeurteilung in den Betrieben durch eine Änderung im Arbeitsschutzgesetz untermauert.

Welche Forderungen der Gesetzgeber im Zuge einer Psychischen Gefährdungsbeurteilung konkret an die Unternehmen stellt und wie Arbeitgeber diesen Forderungen in der Praxis nachkommen können, soll im nächsten Blogbeitrag erläutert werden.

 

Autor: Christoph Lenz, Projektmanager BGM/H2H

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