BGM - Betriebliches Eingliederungsmanagement - "DAS-HIGHWAY2HEALTH-PROGRAMM" Teil 1

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15. Januar 2019   |   MEHRWERT   |   Kategorien: Allgemein

Viele Unternehmer sehen sich in der heutigen Zeit mit hohen krankheitsbedingten Ausfallzeiten ihrer Mitarbeiter konfrontiert. Zudem steigen die Fluktuationsraten bundesweit immer weiter an. Dies führt auch dazu, dass Unternehmen gezwungen sind, ständig neue Mitarbeiter zu finden um die durch Krankheit oder hohe Mitarbeiterfluktuation bedingten Fachkräfteausfälle kompensieren zu können. Zudem stehen Unternehmen vor den Herausforderungen des Demografischen Wandels. So war im Jahr 2015 bereits jeder dritte Beschäftigte älter als 50 Jahre. Aktuelle Studien zeigen, dass ältere Beschäftigte zwar nicht häufiger krank sind als ihre jungen Kollegen – aber wenn es sie erwischt, fallen sie meist länger aus.

Das wissenschaftliche Institut der AOK führt an, dass ein 50 jähriger Mitarbeiter pro Jahr im Schnitt 23 Arbeitstage (4,5 Wochen) und ein Mitarbeiter zwischen 55 und 59 Jahren im Schnitt sogar 28 Arbeitstage (5,5 Wochen) ausfällt. Dies führt nicht zur nur zu erheblichen Mehrkosten für den Arbeitgeber. Viel stärker fällt das fehlende Knowhow und Fachwissen des ausfallenden Mitarbeiters ins Gewicht.

Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt. Bereits seit 2004 ist in § 84 Abs. 2 SGB IX der Prozess des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) gesetzlich verankert. Durch ihn wird geregelt, dass Unternehmen ihren länger oder häufiger erkrankten Mitarbeitern Unterstützungs- und Präventionsmaßnahmen anbieten müssen, um die Arbeitskraft der erkrankten Mitarbeiter zu sichern oder wiederherzustellen.

SGB IX – § 84 Prävention – Absatz 2:

Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber […] mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). […]

 

Dies bedeutet in der Praxis für die Unternehmen, dass sie ihren Beschäftigten ein Verfahren zur Betrieblichen Eingliederung anbieten müssen, wenn:

  1. Beschäftigte länger als 6 Wochen – 42 Tage – ununterbrochen arbeitsunfähig sind oder
  2. Beschäftigte im Laufe eines Jahres wiederholt 6 Wochen arbeitsunfähig sind. Wichtig! In diesem Fall ist die Zahl der Arbeitstage relevant. Bei einer 5-Tage-Woche ist ab 30 AU-Tagen und bei einer 6-Tage-Woche ist ab 36 AU-Tagen ein BEM-Verfahren einzuleiten.

Der Gesetzgeber bleibt jedoch in Bezug auf die konkrete Umsetzung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagement sehr wage. Im Gesetzestext fehlen sowohl Handlungsanweisungen als auch Richtlinien für die Umsetzung eines BEM im Unternehmen. Vielmehr wird versucht, durch Leitziele den Unternehmen eine Richtung zu weisen, in die sich BEM entwickeln sollte. Das Hauptziel eines BEM-Verfahrens ist es, die Arbeitsfähigkeit des betroffenen Beschäftigten zu erhalten oder (vollständig) wiederherzustellen. Des Weiteren soll das Arbeitsverhältnis durch Gesundheitsprävention möglichst dauerhaft gesichert werden. Zudem nimmt der Gesetzgeber für die Durchführung eines BEM-Verfahrens die Sozialversicherungsträger mit in die Pflicht. Sie sollen gemeinsam mit dem Arbeitgeber sowie dem betroffenen Beschäftigten nach Möglichkeiten suchen, zukünftige Ausfälle zu vermeiden oder zu verringern.

Die Sozialversicherungsträger unterstützen die Arbeitgeber in den Prozessphasen eines BEM-Verfahrens vor allem durch eine Beratung zum Ablauf eines zielführenden Betrieblichen Eingliederungsmanagements. Sie greifen jedoch nicht aktiv in die Kommunikation zwischen dem betroffenen Mitarbeiter und dem Arbeitgeber ein.

Zudem erbringen die Sozialversicherungsträger weitere Sachleistungen und Dienstleistungen zur Durchführung verschiedener Maßnahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements. Diese gliedern sich in drei Bereiche

  • Leistungen zur Teilhabe – dies beinhaltet vor allem Leistungen der Rehabilitation (Bsp. stationäre Rehabilitation nach einer Psychischen Erkrankung oder nach einem schwereren Unfall)
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben – dies umfasst berufsfördernde Leistungen (Bsp. berufliche Weiterbildung, Zuschüsse für Arbeitgeber zu betrieblichen Weiterbildungen)
  • Begleitende Hilfen im Arbeitsleben (Bsp. technische Arbeitshilfen, psychosoziale Betreuung)

Die Verantwortung für eine sinnvolle und zielgerichtete Umsetzung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements liegt jedoch ausdrücklich beim Arbeitgeber! Dieser trägt auch alle anfallenden Kosten des BEM, die über die Unterstützungsleistungen der Sozialversicherungsträger hinausgehen.

(Überschrift) à Wenn ich die Kosten tragen soll – welchen Nutzen hat die Umsetzung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements für mein Unternehmen?

Übereinstimmend gehen Sozialversicherungsträger ebenso wie führende Unternehmen in Deutschland unabhängig voneinander davon aus, dass der Nutzen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements für ein Unternehmen die Kosten bei Weitem übersteigt.

Der Vorteile einer BEM-Umsetzung teilen sich in zwei Felder auf.

Zum einen sind soziale Aspekte, der Erhalt von Humankapital und die Sicherung von Fachkräften zu nennen. Der betroffene Mitarbeiter hat sich meist über Jahre gut ins Unternehmen eingefügt, wurde vom Unternehmen gefördert und zu einer wichtigen Fachkraft ausgebildet. Der Verlust oder die Abwesenheit eines solchen Mitarbeiters ist von jedem Unternehmen nur schwer und mit sehr großem Kostenaufwand zu kompensieren. Schließlich kostet die Gewinnung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter ein Unternehmen viel Geld, Zeit und Manpower.

Zum andern sind reine wirtschaftliche Vorteile durch Einsparung von weiteren Krankheits- und Ausfallkosten zu nennen. Je nach Aufgabengebiet und Position des betroffenen Mitarbeiters entstehen dem Unternehmen krankheitsbedingte Mehrkosten von durchschnittlich 400 € pro AU-Tag. Gerade bei länger oder häufiger erkrankten Mitarbeitern besteht ohne eine zielgerichtete gesundheitsförderliche Unterstützung jederzeit das Risiko einer erneuten Erkrankung und den damit verbundenen Mehrkosten. Vor allem bei langzeiterkrankten Mitarbeitern hat sich in der Praxis das Betriebliche Eingliederungsmanagement als zielführende Interventionsmaßnahme bewährt um den Kreislauf ständiger Erkrankungen zu durchbrechen und so mögliche anfallende Mehrkosten zu verhindern.

Die folgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über Kosten- und Nutzenarten eines BEM-Verfahrens.

Mögliche Kosten und Nutzen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements
Kosten Nutzen
·        BEM-Einmaldurchführung

·        Laufende Kosten für BEM

·        Lohnkosten für anfallende Arbeitsleistungen (Verteilung auf vorhandene Stellen, Schaffung einer extra Stelle)

·        Geringere „Produktivitätsstufe des betroffenen Mitarbeiters“ nach BEM

·        Verringerung der AU-Zeiten

·        Ev. Einsparung von Kosten der   Ausgleichsabgabe

·        Produktivitätsgewinne der BEM-Kandidaten

·        Geringe Wiedereinstellungskosten

·        BEM-Prämie

·        Vermeidung von Kosten für Rechtsstreitigkeiten

·        Erhalt von Humankapital

 

Da die Kosten und vor allem auch der Nutzen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements sehr stark von den individuellen Gegebenheiten im Unternehmen abhängen und jeweils für den Einzelfall neu abgeschätzt werden sollten ist keine pauschale Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen möglich. Um trotzdem verlässliche Aussagen zu Kosten und Nutzen eines BEM-Verfahrens treffen zu können, wurden im Rahmen des EIBE – Projekts des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Unternehmen befragt, die bereits umfassend BEM in ihren Unternehmen umsetzen.

Die folgende Tabelle zeigt einen Auszug aus dem EIBE-Bericht zur Rentabilität betrieblicher Eingliederung (Kaiser et al., 2009, S. 152).

Name des Arbeitgebers Nutzen ROI
MacMillan Bloedel Ltd. 1,25 Mio. $ 8 (80%)
Pacifa Papers 1,73 Mio. $ 10 (35%)
Berufsgenossenschaft BC 1,8 Mio. $ 10 (56%)
Ford Werke Köln 18,9 Mio. $ 4 (67%)
BC Hydro 0,25 – 0,5 Mio. $ p.a. 1:4
BMW Werk Regensburg 1,25 Mio. € 1:20

 

Die aufgeführten Zahlen zeigen deutlich den finanziellen Nutzen einer BEM-Umsetzung im Unternehmen. Dies zeigen auch weitere, unabhängig vom EIBE-Bericht durchgeführte Untersuchungen. Eine Best-Practice-Kosten-Nutzen-Analyse der Burda-Stiftung ermittelte einen ROI von mindestens 1:5 – in Abhängigkeit von Art und Umfang der präventiven BEM-Maßnahmen (Maar et al., 2011, S. 9). Beide Untersuchungen gehen davon aus, dass der positive Nutzen einer BEM-Umsetzung unabhängig von der Unternehmensgröße ist! Der Hauptunterschied zwischen großen Unternehmen und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sehen beide Untersuchungen übereinstimmend in der konkreten Prozessumsetzung. Große Unternehmen sind in Lage, ihre BEM-Fälle innerbetrieblich zu bearbeiten und zu lösen (ab ca. 30 BEM-Fällen pro Jahr lohnt sich die Einführung eines BEM-Beauftragten in Vollzeit). Kleinen und mittleren Unternehmen wird hingegen empfohlen sich durch externe Dienstleister beraten und unterstützen zu lassen. Diese verfügen bereits über ein bestehendes Netzwerk zur Bearbeitung und Lösung der BEM-Fälle. Der Hauptvorteil einer externen BEM-Beratung liegt für KMU aber darin, dass ein BEM-Berater bereits Erfahrung in der Durchführung der kompletten BEM-Prozesse hat und darin geschult ist, betroffenen Mitarbeitern zurück ins Berufsleben zu helfen. Dieses Knowhow und den Zugang zu unterstützenden Netzwerken müssten sich KMU mit vergleichsweise wenig BEM-Fällen wahrscheinlich mühsam und mit deutlichen Mehrkosten verbunden zuerst erarbeiten – bevor sie das BEM-Verfahren selbst durchführen können.

Doch wie läuft ein BEM-Verfahren in der Praxis ab?

Wer unterstützt mich als Unternehmer, in der Durchführung eines zielgerichteten BEM-Verfahrens?

Diesen und weiteren Fragen zur konkreten Umsetzung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements im Unternehmen widmen wir uns im nächsten Blogbeitrag „Betriebliches Eingliederungsmanagement – Unser Highway2Health Teil 2“

 

 

Literatur:

Kaiser, H., Frohnweiler, A., Jastrow, B. & Lamparter, K. (2009). Abschlussbericht des Projekts EIBE – Entwicklung und Integration eines betrieblichen Eingliederungsmanagements. Nürnberg/München/Köln 2009

Maar, C., Fricker, R., Hildebrand, N., & Drechsler, M. (2011). Vorteil Vorsorge. Die Rolle der betrieblichen Gesundheitsvorsorge für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Booz & Company Inc.

 

Autor: Christoph Lenz, Projektmanager BGM/H2H

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